Verfasst von: Axel Brodehl | 27. Juni 2008

Richter sollen richten

Wie der ADR-Blog berichtet, hat sich der Präsident des Landgerichts Hannover beim Konfliktmanagement Kongreß darüber beschwert, daß die niedersächsischen Behörden Mediationen grundsätzlich ablehnen, während das niedersächsische Justizministerium Mediationsverfahren permanent anpreise und sich diesbezüglich in einer Vorreiterrolle sehe. Der ADR-Blog begrüßt die Kritik. Gleichzeitig weist er darauf hin, daß mittels außergerichtlicher Mediationen viele Konfliktfälle schon im Vorfeld geklärt werden könnten, so daß sich Gerichte gar nicht erst damit befassen müßten. Dann könnten sich „die Richter (…) mit ganzer Kraft ihrer eigentlichen gesetzlichen Kernaufgabe widmen, dem Richten!“ Dem ist zuzustimmen.

So erzählte mir kürzlich ein niedersächsischer Anwalt & Notar, seit der Einführung gerichtlicher Mediationen an niedersächsischen Gerichten würden Akten offenbar noch länger liegen bleiben. Es kann aber nicht Sinn einer flächendeckend angebotenen, gerichtlichen Mediation sein, daß sämtliche Verfahren in die Länge gezogen werden, weil Richter außerhalb ihrer Kernaufgabe (dem Richten) zusätzliche Aufgaben übernehmen.

Es sollte auch nachdenklich stimmen, daß schon manche gerichtliche Mediation nicht mit einer gemeinsamen Lösung der Medianten endete, sondern mit einem Lösungsvorschlag des Richters. Da wurde doch die Mediation kurzerhand mit einem Prozeßvergleich verwechselt.

Ein weiteres Problem ist, daß es auch schon vorkam, daß die Mediation von dem Richter durchführt wird, der bereits mit dem Gerichtsverfahren in dieser Sache beschäftigt ist. Zwar ändert das nichts an der Allparteilichkeit des Mediators, denn als Richter ist er ebenfalls allparteilich. Allerdings wird das Prinzip der Vertraulichkeit unterwandert. Das genaue Gegenteil ist die gerade beschlossene Regelung der schweizer ZPO, wonach die während eines Mediationsverfahren gemachten Aussagen nicht in ein Gerichtsverfahren einfließen können. Und in Deutschland ist es üblich, in der Abschlußvereinbarung einer außergerichtlichen Mediation eine Klausel aufzunehmen, daß in einem eventuell später doch noch stattfindenden Gerichtsverfahren auf den Mediator nicht als Zeuge zurückgegriffen werden kann.

Positiv an gerichtlichen Mediationen ist indes, daß das Thema Mediation allgemein bekannter wird. Neben der Bevölkerung, Behörden und Unternehmen werden gleichzeitig auch Richter und Rechtsanwälte für das Thema sensibilisiert.

Siehe auch: Mediation bei Gericht


Antworten

  1. […] bereits berichtet, haben gerichtliche Mediationen den positiven Effekt, daß das Thema Mediation allgemein bekannter wird. Durch das Vorgehen des […]

  2. […] Ein weiterer Beitrag zum Thema: Richter sollen richten […]

  3. […] sich gegen die Kritik, daß Mediation nicht die Aufgabe der Rechtsprechung sei. (Siehe hierzu: Richter sollen richten). Schließlich hätten die Richter Erfahrung mit Verhandlungen und seien von Berufs wegen neutral. […]

  4. […] sich entdeckt haben. Und außergerichtlich sollte die Mediation auch in aller Regel bleiben. Denn Richter sollen richten, während Mediatoren den Beteiligten helfen, gemeinsam eine konstruktive dauerhafte Lösung zu […]

  5. […] auf und bieten Gerichtsmediationen an. Dieser Trend ist übrigens sehr kritisch zu betrachten, denn Richter sollen richten. Zwar haben sie eine Befriedungsfunktion. Aber die Einführung gerichtsinterner Mediation kann dazu […]


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